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Veröffentlicht am: Berlin2030

Argumentation gegen gemeinsame Wahlen widerlegt

Anwaltliche Prüfung ergibt schwere Versäumnisse der Innenverwaltung  

Die ausführliche Argumentation gibt es in diesem Dokument zum Herunterladen.

Rechtsexpert:innen der Initiative “Berlin 2030 klimaneutral” sehen nach eingehender Prüfung keine stichhaltige Begründung für getrennte Wahltermine. Der Erfolg des Volksbegehrens sei absehbar gewesen und Volksentscheide sind laut Gesetz ranggleich mit Wahlterminen. Dennoch sei bei den Vorbereitungen zur Wahlwiederholung im Februar 2023 der anstehende Volksentscheid bewusst ausgeklammert worden.

Die Begründungen zur Neufassung des Abstimmungsgesetzes im Jahr 2020 geben unmissverständlich vor, dass Volksentscheide gemeinsam mit Wahlterminen stattfinden sollen, sofern dies irgend möglich ist. “Bei einer derart eindeutigen gesetzgeberischen Absicht sind hieb- und stichfeste Nachweise erforderlich, warum in unserem Fall davon abgewichen werden muss”, so Peter Kremer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht.

Jedoch wurde für keinen der von der Innenverwaltung angeführten organisatorischen Gründe bisher ein stichhaltiger Nachweis vorgelegt. Die Initiative hält daher alle bisher genannten Argumente für nicht tragfähig:

Zu kurze Fristen für Papierbeschaffung und Druck 

Nachfragen bei mehreren Druckereien haben gezeigt, dass die Unterlagen innerhalb von zwei Wochen oder bei Eilaufträgen sogar innerhalb weniger Tage gedruckt und nach Berlin geliefert werden können.

Vergaberecht steht entgegen

“Der Volksentscheid ‘Deutsche Wohnen und Co. enteignen’ war letztes Jahr in einer ähnlichen Situation, noch bevor alle Unterschriften abgegeben waren. Eine entsprechende Option zur zusätzlichen Papierlieferung für den Volksentscheid war damals Teil der Ausschreibung”, so Jessamine Davis, Pressesprecherin des Bündnisses ‘Berlin 2030 klimaneutral’. “Warum wurde das nicht erneut so gehandhabt?.” Auch bei sofortiger Ausschreibung wären die relevanten Fristen noch einzuhalten. Zudem besteht in solch dringenden Fällen auch die Möglichkeit der freihändigen Vergabe eines Auftrags.

Zu wenig Wahlkabinen

Nach stichprobenhaften Anfragen der Initiative seien Wahlkabinen kurzfristig in anderen Bundesländern ausleihbar. Grundsätzlich ließe die großzügig bemessene bisherige Planung der Bezirke auch nicht befürchten, dass die Wahlkabinen nicht für die zusätzliche Abhaltung des Volksentscheids ausreichen.

Zu kurze Frist für Wahlunterlagen

“Es konnte keine gesetzliche Vorgabe benannt werden, die die Notwendigkeit zur Versendung der Wahlunterlagen am 2. Januar 2023 begründet”, führt Peter Kremer aus. “Es wurde offenbar nicht mal die Möglichkeit geprüft, zunächst nur die Unterlagen für die Berlin-Wahl zu versenden und die Unterlagen für den Volksentscheid kurzfristig nachzureichen. Das ist uns absolut unerklärlich.”

Keine Zeit für inhaltliche Auseinandersetzung

Senat und Abgeordnetenhaus haben es offenbar versäumt, sich rechtzeitig mit dem Volksentscheid zu befassen, um z.B. Gegenargumente für die Wahlinformationsbroschüre oder einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Allerdings war spätestens seit der Unterschriftenabgabe am 14.11. absehbar, dass es zur Abstimmung kommen wird. Zwei Tage später wurde das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zur Wahlwiederholung verkündet. “Wenn dann nicht umgehend die entsprechenden Schritte eingeleitet wurden, können wir daraus nur schließen: Es bestand von vornherein nicht die Absicht, den Volksentscheid am Wahltermin abzuhalten. Das verletzt klar und bewusst den Willen des Abstimmungsgesetzes”, kritisiert Jessamine Davis.

Aus Sicht der Initiative sei es ein handfester Skandal, dass ohne stichhaltige Begründung die erheblichen Mehrkosten für getrennte Abstimmungstermine in Kauf genommen und vom Senat nicht mal beziffert werden.

Nachtrag zur Pressemitteilung von Freitag, 2. Dezember

Wie bereits mitgeteilt, hat die Initiative Klimaneustart alle Gegenargumente des Innensenats gegen eine Zusammenlegung von Wiederholungswahl und Klima-Volksentscheid akribisch widerlegt. Ein entsprechendes Dokument wurde am Freitag dem Wahlleiter übermittelt – verbunden mit der Aufforderung an den Innensenat, umgehend die notwendigen Druckerzeugnisse zu bestellen und die Zusammenlegung der beiden Termine in der kommenden Senatssitzung am 6. Dezember zu beschließen.

Das für den Druck benötigte Spezialpapier wird bei der Druckerei, die den Druck der Broschüren zwischen 19. Dezember und 2. Januar angeboten hat, nur bis Montag, 5. Dezember vorgehalten. Die Druckerei muss daher bis kommenden Montag vom Senat einen Hinweis erhalten, ob das Papier weiter reserviert bleiben soll – oder eben nicht.

Damit muss der Senat nun umgehend Farbe bekennen, ob er die gemeinsame Durchführung der Wiederholungswahl und des Klima-Volksentscheids möglich machen will, oder eben nicht.

Mit dem Zugriff auf dieses Angebot würde der Senat über 1 Mio Euro alleine an Versandkosten sparen. Alternativ zum gemeinsamen Versand aller Unterlagen wäre nämlich ein getrennter Versand der Informationsbroschüre noch bis drei Wochen vor der Wahl möglich. Wenn es gelingt, dass die Informationsbroschüren zum 2. Januar in ausreichender Stückzahl vorliegen, spart sich die Verwaltung einen separaten Versandlauf und damit nicht nur Personalressourcen, sondern auch bares Geld, das für die Stärkung des Klimaschutzes in Berlin sehr viel besser eingesetzt werden kann.